Unfallgefahr
Gestern, 12:26 Uhr

DB: Zahl der Bahnübergänge soll reduziert werden

Der Bremsweg von Zügen ist lang - deshalb kommt es an Bahnübergängen immer wieder zu Zusammenstößen mit Toten und Verletzten. Wie kann die Sicherheit erhöht werden?
DB Cargo Autotransport
DB Cargo Autotransport passiert einen Bahnübergang, © Deutsche Bahn AG / Wolfgang Klee (Symbolbild)
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Wie gefährlich Bahnübergänge sein können, hat am 11. Februar der Unfall in Hamburg gezeigt, bei dem ein ICE-Fahrgast ums Leben kam und 24 weitere Menschen verletzt wurden. Die Deutsche Bahn (DB) möchte die Kreuzungen von Straße und Schiene wegen der Unfallgefahr weiter reduzieren. 

Mitte der 1990er Jahre gab es nach DB-Angaben bundesweit 28.000 Bahnübergänge, im Jahr 2023 waren es nur noch 15.820 Anlagen. Häufig werden anstelle der Kreuzungen Überführungen oder Unterführungen für Autos und Fußgänger gebaut.

Die Zahl der Unfälle an Bahnübergängen sei zwischen 1995 und 2023 um mehr als drei Viertel gesunken, sagte ein DB-Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Demnach gab es im Jahr 2023 bundesweit 154 solcher Unfälle. In Schleswig-Holstein waren es 2023 fünf Unfälle an Bahnübergängen, sechs weniger als noch 2019. In Niedersachsen wurden 2019 insgesamt 22 Unfälle an Bahnübergängen registriert, 2023 waren es immer noch 20 Unfälle. 

Ursache oft Unaufmerksamkeit, Leichtsinn und Unkenntnis

"Mehr als 95 Prozent der Zusammenstöße von Autos und Zügen passieren aufgrund von Unaufmerksamkeit, Leichtsinn oder Unkenntnis", sagte der Bahnsprecher. Die Aufklärungs-Kampagne "Sicher drüber" informiere unter anderem mit Videos, Flyern und Terminen an Unfallschwerpunkten über die Gefahren. So benötigt ein 1.000 Tonnen schwerer Personenzug aus voller Fahrt mit Tempo 100 bis zu einem Kilometer zum Anhalten.

Ein Sprecher des niedersächsischen Verkehrsministeriums erklärte, die Bahn bemühe sich, Bahnübergänge zu reduzieren. Möglichkeiten dafür seien Brücken und Überführungen. "Wir haben nicht viele Unfälle in Niedersachsen. Das ist aber gleichwohl zu viel", betonte er. "Wir wissen aber auch, dass der Großteil dieser Unfälle tatsächlich nicht durch technische Probleme an dem Bahnübergang entstehen, sondern wirklich durch Unaufmerksamkeiten oder vielleicht auch durch bewusstes Überfahren dieses Bahnübergangs."

Der tödliche Zusammenstoß von ICE und Sattelzug in Hamburg-Rönneburg ereignete sich an einem Übergang mit Halbschranken und Lichtzeichen (Gelb/Rot). Eine schmale Straße führt dort über die Gleise zu einem Gleisbau-Unternehmen. Der Sattelzug hatte schwere Schienen geladen, die durch den Aufprall weit verstreut wurden. 

Warum der Unfall passierte, ist noch unklar. Gegen den 34 Jahre alten Lkw-Fahrer wird wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr und des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt. 

Sollten sich nach Abschluss der Ermittlungen Maßnahmen ergeben, um die Sicherheit am Bahnübergang Hamburg-Rönneberg zu erhöhen, würden diese umgesetzt, sagte der Bahnsprecher. Es müssten erst die Ermittlungsergebnisse abgewartet werden. 

Mehrere Vorfälle am Übergang Oldenburg-Ofenerdiek

Ermittlungen laufen auch wegen eines Unfalls am Bahnübergang im niedersächsischen Oldenburg. Am 11. Januar stieß an dem Übergang im Stadtteil Ofenerdiek laut Bundespolizei ein Kleinwagen bei geöffneten Schranken mit einem Zug der Nordwestbahn zusammen und eine Fahrradfahrerin wurde schwer verletzt. Der Bahnübergang sei wegen Bauarbeiten mit einem Bahnübergangsposten gesichert gewesen. 

Am 19. Januar soll ein Zug denselben Bahnübergang mit über 100 Stundenkilometern befahren haben, obwohl die Schranken geöffnet waren. Eine Autofahrerin konnte laut Bundespolizei gerade noch rechtzeitig anhalten und verständigte die Beamten. Auch hier laufen die Ermittlungen noch.

Aus Sicht des niedersächsischen Verkehrsministeriums passieren "in besonderen Situationen wie Baustellen oder Personalmangel zu viele Pannen". Dies zeigten die Ereignisse am Bahnübergang in Ofenerdiek sowie der Zusammenstoß des ICE mit einem Lkw in Hamburg.

Verkehrsminister: Bahn sollte Verantwortung wahrnehmen

Geöffnete Schranken bei ungebremster Zugfahrt seien "absolut inakzeptabel", sagte Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) der dpa. "Die Deutsche Bahn ist in der Pflicht, ihre Verantwortung noch intensiver wahrzunehmen und gefährliche Situationen an unbeschrankten und teilbeschrankten Bahnübergängen konsequent zu identifizieren und durch gezielte Maßnahmen zu entschärfen", forderte der Minister. "Nur so können wir sicherstellen, dass der Schienenverkehr in Niedersachsen für alle sicher bleibt."

Wie die Zeitung "Die Harke" vor kurzem berichtete, bekommen zwei bisher unbeschrankte Bahnübergänge in Estorf und Landesbergen im Landkreis Nienburg Halbschranken und Lichtzeichen (Gelb/Rot). Über die Sicherheit dieser unfallträchtigen Bahnübergänge werde seit Jahren diskutiert. 

Dem DB-Sprecher zufolge arbeitet die Deutsche Bahn mit dem Bund und den Eigentümern der jeweiligen Straße an der weiteren Reduzierung der Bahnübergänge. Dies solle durch einen Vorstoß der Bundesregierung, Kommunen dabei finanziell zu entlasten, noch schneller gelingen.

In Niedersachsen sind 68,4 Prozent der Bahnübergänge technisch gesichert. Grundsätzlich sind alle Bahnübergänge mit dem Andreaskreuz gekennzeichnet, sie weisen darauf hin, dass Züge immer Vorfahrt haben.
© Christina Sticht, dpa | Abb.: Deutsche Bahn AG / Wolfgang Klee (Symbolbild) | 21.02.2025 07:31

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